Flüssigbiopsie: ein bedeutender Durchbruch für die nicht-invasive Tumorüberwachung

In den letzten 15 Jahren waren Frühdiagnose und personalisierte Therapien das Hauptziel der modernen Medizin. Dies hat zur Entwicklung immer genauerer diagnostischer Tests und zur Entstehung des Konzepts der Präzisionsmedizin geführt.

Die Präzisionsmedizin zielt darauf ab, für jeden Patienten spezifische diagnostische und therapeutische Ansätze zu entwickeln und dabei seine einzigartigen Merkmale in Bezug auf Genetik, Umwelt und Lebensstil zu berücksichtigen. Die Präzisionsmedizin spielt eine entscheidende Rolle im Bereich der Onkologie, wo die Krankheit von Patient zu Patient sehr unterschiedlich verläuft und es daher von entscheidender Bedeutung ist, die für jeden einzelnen Patienten am besten geeigneten Behandlungsmöglichkeiten zu ermitteln.

 

Flüssigbiopsie

 

Jeder Tumor ist einzigartig und entwickelt sich im Laufe der Zeit in einer Weise, die noch nicht vorhersehbar ist. Um ihn wirksam zu bekämpfen, ist es entscheidend, ihn gründlich zu verstehen und seine Entwicklung zu beobachten. Die Präzisionsonkologie zielt darauf ab, neue Instrumente einzusetzen, um die Tumorentwicklung in Echtzeit zu erfassen und  wirksame Behandlungen zu steuern. 

Ein innovatives Instrument in diesem Zusammenhang ist die Flüssigbiopsie, die sich von der herkömmlichen festen Biopsie unterscheidet, bei der eine Gewebeprobe analysiert wird. Stattdessen wird bei der Flüssigbiopsie eine Körperflüssigkeitsprobe, z. B. Blut oder Urin, analysiert und stellt ein nicht-invasives Instrument zur Analyse von Tumormaterial dar. Mit der Flüssigbiopsie ist es möglich, die Entwicklung des Tumors im Laufe der Zeit zu verfolgen, die Prognose zu bestimmen und spezifische Tumormutationen zu identifizieren, die bei der Wahl einer geeigneteren Therapie helfen können.

Die Flüssigbiopsie bietet eine einfache, schnelle und kostengünstige Möglichkeit, den Tumorstatus oder das Ansprechen auf eine Therapie zu überwachen und basiert auf der Suche nach Tumorzellen, Tumor-DNA-Fragmenten und anderen zirkulierenden Analyten in Körperflüssigkeiten.

Die Flüssigbiopsie hat offensichtliche Vorteile gegenüber der Gewebebiopsie, was sie zu einem äußerst nützlichen Instrument macht:

  • Erstens ist die Flüssigbiopsie weniger invasiv, was sie zu einer praktikablen Option macht, wenn die Entnahme von Tumorgewebe aufgrund des Blutungsrisikos oder des schwierigen Zugangs zur Stelle nicht möglich ist. Außerdem kann eine Gewebebiopsie zu Nebenwirkungen wie Perforation oder Blutungen kommen. Im Gegensatz dazu sind Körperflüssigkeiten, wie Blut oder Urin, leichter zu entnehmen.
  • Die Flüssigbiopsie liefert ein repräsentativeres und vollständigeres Bild des Tumors, da die DNA aller Tumorzellen identifiziert und analysiert wird. Im Gegensatz dazu wird bei der Gewebebiopsie nur ein kleiner Teil des Gewebes entnommen, der nicht immer die gesamte Vielfalt des Tumors repräsentiert.
  • Die Flüssigbiopsie kann im Laufe der Zeit wiederholt werden und ermöglicht so die Überwachung der Tumorentwicklung. Die genetische Zusammensetzung von Tumorzellen ist sehr instabil und kann sich ständigen Veränderungen. Mit Hilfe der Flüssigbiopsie ist es möglich, Veränderungen im Tumor im Laufe der Zeit zu beobachten, das Fortschreiten der Krankheit festzustellen und das Ansprechen auf die Therapie in Echtzeit zu bestimmen.

 

Flüssigbiopsie-Tests: Zirkulierende Tumorzellen und zirkulierende Tumor-DNA, innovative Diagnoseverfahren

 

Zwei der vielversprechendsten Flüssigbiopsie-Tests bestehen in der Analyse von zirkulierenden Tumorzellen (CTCs) oder zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA) Hierbei weder die Substanzen untersucht,  die vom Primärtumor und/oder metastatischen Läsionen  ins peripheren Blut abgegeben werden.

  • Untersuchung von zirkulierenden Tumorzellen (CTCs)

Zirkulierende Tumorzellen (CTCs) sind Zellen, die vom Primärtumor oder von Metastasen freigesetzt werden und über den Blutkreislauf in andere Organe wandern können. Sie enthalten alle wichtigen Informationen über die Zusammensetzung des Tumors, seine Invasivität und sein Ansprechen auf die Therapie. Die Analyse von CTCs spielt eine äußerst wichtige Rolle, da diese Zellen das Fortschreiten des Tumors und seine Variabilität in Echtzeit zeigen. CTCs haben bereits in zahlreichen klinischen Studien ihren prognostischen Wert unter Beweis gestellt. Ihr Vorhandensein im Blut kann die Krankheitsprognose bei metastasierenden Brust-, Prostata- und Darmtumoren anzeigen. Zusätzlich dazu kann die Untersuchung des genetischen Profils von CTCs in der Zukunft von Nutzen sein, um therapeutische Ziele zu ermitteln und das Ansprechen auf Therapien  vorherzusagen. Gegenwärtig laufen mehrere Fohrschungsstudien in dieser Richtung.

Die Isolierung und Analyse von CTCs stellen eine technische Herausforderung dar, da diese Zellen äußerst selten im Blut vorkommen. In den letzten Jahren wurden innovative Technologien entwickelt, um diese Herausforderung zu meistern, und die Fortschritte in diesem Bereich sind noch nicht abgeschlossen.

  • Untersuchung der zirkulierenden Tumor-DNA (ctDNA)

Zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA) ist ein wichtiger Biomarker, der von Primärtumoren, CTCs, Mikrometastasen oder Metastasen in das Blut abgegeben werden kann. Der Großteil der ctDNA stammt von absterbenden Tumorzellen, deren  fragmentierte DNA im Blut freigesetzt wird. Die Untersuchung der zirkulierenden Tumor-DNA ist zu einem festen   Bestandteil der Präzisionsonkologie geworden, da sie verwendet wird, um Mutationen im Tumor zu identifizieren sowie die Therapie zu steuern, das Ansprechen der Krankheit auf die Behandlung zu überwachen oder frühzeitige Rückfälle zu erkennen.

 

Der Einsatz der Flüssigbiopsie: Chancen und Herausforderungen

 

Der Einsatz von Flüssigbiopsie-Tests eröffnet bedeutende Möglichkeiten für die Präzisionsmedizin und erleichtert insbesondere den Zugang zu zielgerichteten Therapien. Dies liegt daran, dass Biomarker im Blut identifiziert werden können und somit eine kontinuierliche Überwachung des Krankheitsverlaufs und der Wirksamkeit von Behandlungen ermöglicht wird. Diese Tests sind wiederholbar und schonen den Patienten, da sie nicht-invasiv sind.

Es besteht daher die Hoffnung, dass in der Zukunft, auch dank der Flüssigbiopsie, gezieltere und frühzeitige Screenings für sämtliche Tumorarten möglich werden und molekular zielgerichtete Therapien präziser und wirkungsvoller angewendet werden können. Laufende Forschung und Innovation zielen darauf ab, immer aussagekräftigere Informationen zu erhalten, um spezifischere und gezieltere therapeutische Strategien für alle Arten von Tumoren zu entwickeln.

Die Analyse von CTCs erweist sich als äußerst vorteilhaft, da sie die Untersuchung intakter Zellen ermöglicht, im Gegensatz zur ausschließlichen Betrachtung von DNA-Fragmenten. Diese Methode eröffnet die Möglichkeit, verschiedene Populationen von Tumorzellen innerhalb desselben Patienten zu untersuchen. Dies kann von erheblicher Bedeutung sein, da es dabei hilft, jene Zellen zu identifizieren, die potenziell eine Resistenz gegenüber medizinischen Behandlungen entwickeln könnten. Dies wiederum erlaubt eine gezieltere und individualisierte Herangehensweise an die Therapie. Eine der Hauptherausforderungen bei der Erforschung von CTCs besteht jedoch in der Bereitstellung empfindlicher und standardisierter Technologien, die sowohl in der wissenschaftlichen Forschung als auch in der klinischen Diagnostik anwendbar sind.

Bei der Analyse von ctDNA besteht die größte Herausforderung darin, die Genauigkeit der Tests zu erhöhen, um die Krankheit auch in sehr frühen Stadien erkennen und beurteilen zu können. Dies würde es ermöglichen, frühzeitig auf den Tumor einzugreifen und die Chancen auf eine erfolgreiche Behandlung zu erhöhen.

Während der Fortschritt in der Forschung an Flüssigbiopsie-Technologien noch abgewartet wird, darf die Prävention nicht vergessen werden. Die derzeitigen onkologischen Untersuchungen bleiben ein grundlegendes Instrument, das in Zukunft durch hochinnovative Tests wie die Flüssigbiopsie ergänzt werden wird.

Menarinis Engagement im Bereich der Onkologie ist unerschütterlich und offensichtlich. Im Jahr 2014 erwarb die Menarini Gruppe Silicon Biosystems, ein Unternehmen mit Sitz in Bologna, das wegweisende Technologien und Lösungen für die Onkologieforschung und fortgeschrittene Diagnostik entwickelt. Menarini Silicon Biosystems setzt sich aktiv im Kampf gegen solide Tumoren und hämatologische Krebserkrankungen – wie das multiple Myelom – ein und sucht ständig nach neuen Möglichkeiten zur Verbesserung der Krankheitsüberwachung durch Flüssigbiopsie-Tests. Im Jahr 2020 erwarb Menarini das amerikanische Unternehmen Stemline Therapeutics und erweiterte damit die Entwicklung neuer und innovativer Therapien zugunsten von Krebspatienten. Dies alles geschieht im Einklang mit den Grundwerten des Unternehmens: der Patient immer an erster Stelle.